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Chili unter einem Insektenschutznetz, um Verkreuzungen mit einer anderen frei abblühenden Sorte zu vermeiden.

Selbstbefruchtende Gemüse benötigen weder Insekten noch Wind für eine Bestäubung. Dennoch finden manche Insekten, allen voran Hummeln, verschiedene Selbstbefruchter durchaus attraktiv.

Strenge und potentielle Selbstbefruchter
So kommt es beispielsweise bei Paprika und Chili, die grundsätzlich selbst- befruchtend sind, immer wieder durch Nektarsaugende und Pollensammelnde Insekten zu ungewollten Einkreuzungen.

Daher werden Selbstbefruchter in „strenge Selbstbefruchter“ und „potentielle Selbstbefruchter“ unterschieden. Zu letzteren gehören eben Paprika und Chili oder auch Auberginen.

Neben Gartenbohne und Salat zählten Tomaten lange Zeit zu den strengen Selbst- befruchtern und ein Anbau von verschiedenen Tomatensorten nebeneinander für die Saatgutgewinnung stellte in der Regel kein Problem dar. Auch schien das Interesse der Insekten an Tomatenblüten äußerst gering. In den letzten Jahren waren jedoch aus verschiedenen Regionen immer wieder Erfahrungsberichte von Verkreuzungen bei Tomaten zu lesen, die wohl vorrangig auf Hummeln zurückzuführen sind.

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Tomate Black Cherry

Wir vermehren seit vielen Jahren Tomaten und hatten bislang keinerlei Probleme mit Einkreuzungen. Doch dieses Jahr ist erstmals bei einigen wenigen Sorten eine Verkreuzung die einzige Erklärung für das veränderte Sortenbild. Es scheint als hätten Bestäuberinsekten die Tomate nach und nach für sich entdeckt. In der Geschichte des Paprikaanbaus war es ebenso: zu Anfang der Kultivierung von Paprika in Mitteleuropa kamen Verkreuzungen nicht vor, bis Insekten die zuvor fremde Paprika für sich als Nahrungsquelle entdeckten. Die geschlossene Blüte der Tomate hat sie wohl länger vor dem Einfluss der Insekten – vornehmlich der Hummel – geschützt. So ist nun anzunehmen, dass auch die Tomate von den „strengen Selbstbefruchtern“ näher an die „potentiellen Selbstbefruchter“ heranrückt.

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Sollte eigentlich eine Black Cherry sein: Eine Verkreuzung mit einer Blauschaligen Tomate ist anzunehmen.

Oft sind bei Verkreuzungen die Kreuzungspartner gut zu erkennen bzw. sind sie auf Grund der räumlichen Nähe möglicherweise zu identifizieren.

Allerdings sind solche Kreuzungen nicht samenfest. Schließlich handelt es sich um die erste Vermehrungsgeneration, die F1. Werden Samen solcher Pflanzen wieder angebaut, kommt es in der nächsten Generation, der F2, zu einer Aufspaltung. Pflanzen aus dieser zweiten Generation können für die Züchtung neuer Sorten ausgewählt werden und über mehrere Generationen auf ihre Sorteneigen- schaften selektiert werden.

Verkreuzungen bei Tomaten vermeiden
Um es den Hummeln – andere Insekten konnten wir an den Tomatenblüten nicht wahrnehmen – etwas schwerer zu machen, können verschiedene Vorkehrungen getroffen werden:

  • Tomaten in Gruppen anbauen, also beispielsweise eine Sorte auf der Terrasse in Töpfen, eine Sorte im Gartenbeet, eine Sorte im Folienhaus, usw.
  • Regelmäßiges Bewegen bzw. Schütteln der Blütentriebe, da Tomaten Vibrationsbestäuber sind und durch die Bewegung eine Befruchtung ausgelöst wird.
  • Besonders wichtig ist es ein vielseitiges anderweitiges Blühangebot zu schaffen. Tomatenblüten sind nicht unbedingt erste Wahl und viele Garten- und Wildblumen werden von Insekten als Nahrungspflanzen bevorzugt.

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Soll eine alte Tomatensorte dauerhaft erhalten werden, macht es Sinn Samen des Ursprungssaatguts zurückzuhalten, um für den Notfall die Sorte wieder neu anbauen zu können. Dabei können die zurück gelegten Samen alle paar Jahre erneuert werden, wenn bei neu geernteten Samen durch einen Anbau über zwei Jahre eine Verkreuzung auszuschließen ist. Samen von Tomaten sind mindestens fünf Jahre keimfähig.

Verkreuztes Saatgut und neue Sorten
Wir geben unser Saatgut ja auch weiter und falls Sie Tomaten aus unseren Samen gezogen haben, die nicht dem angegebenen Sortenbild entsprechen, freuen wir uns über eine Mitteilung an saatgut@garten-des-lebens.de. Dies hilft uns verkreuzte Sorten zu identifizieren, da es sich oft ja nur um eine einzelne Frucht handelt die fremd befruchtet wurde und nicht um den gesamten Samenbestand. Nach Möglichkeit versuchen wir Ersatz zu bieten.

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11 Gedanken zu „Verkreuzungen bei Tomaten und anderen Selbstbefruchtern“

  1. Swisspeppers sagt:

    Vielen Dank für diesen ausführlichen Erfahrungsbericht!????

  2. Nena sagt:

    Vielen Dank dafür! Mir haben die Hummeln auch direkt meine Black Cherry vom letzten Jahr verkreuzt… und jetzt habe ich ein paar lustige Überraschungspflanzen auf dem Balkon! 🙂 Mal sehen, was dabei herauskommt.

  3. Stella sagt:

    Bei mir haben sich Tomate und Aubergine gekreuzt. Ich wusste gar nicht, dass das überhaupt möglich ist. Ich habe die Samen der Aubergine ausgesät und es sind Pflanzen gewachsen, die wie Tomatenpflanzen aussehen (sicher keine Verwechslung, da ich von den Tomaten kein Saatgut gewonnen habe).
    Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht? Weiß jemand, ob man die Früchte essen kann?

    1. admin sagt:

      Liebe Stella,
      ich kann mir nicht vorstellen, dass es sich tatsächlich um eine Kreuzung handelt. Wie sehen denn die Blüten und Früchte aus? Möglicherweise sind die Tomaten ja von alleine aufgegangen. Bei uns sind oft Tomaten im Kompost, die dann wieder von selber kommen. Gruß, Annette

  4. Werner Hunkel sagt:

    Eine rote Cerrytomate ist jetze gelb und 200 gr
    schwer. Auch bei 3 andere Sorten haben sich
    Farbe,,Grösse und Gewicht total verändert.
    Lustig.

  5. Markus Hilbert sagt:

    Ich habe diesen Sommer eine Tomate bekommen die wie „Königin der Nacht“ aussieht, aber einen noch nie gekannten fruchtigen Geschmack mit Nuancen von Maracuja aufweist. In meinem ganzen Leben als Tomatenliebhaber habe ich bisher keine Tomate gegessen wie diese welche dieses Jahr gewachsen sind. Hummeln sind als Bestäuber anwesend. Ich habe auch schon Samen der reifen Früchte genommen. Hoffe es wird auch bei F2 etwas.

    1. admin sagt:

      Lieber Herr Hilbert,
      danke für Ihren Beitrag. Falls es sich um eine samenfeste Sorte handelt, wäre ich an Samen davon sehr interessiert. Hört sich toll an! Übrigens benötigen Tomaten keine Hummeln als Bestäuber sie sind potentiell selbstbefruchtend. Leider kommt es durch Hummeln immer wieder zu ungewollten Verkreuzungen. Viel Erfolg mit Ihrer Tomate. Annette Holländer / Garten des Lebens

  6. Rainer sagt:

    Danke für diese Info!!

    Ich habe ein Tütchen „Paulas Süße“ im Januar 2020 bestellt. Der Samen ist also aus 2019 oder davor.
    Bei meinen zwei Tomatenpflanzen in 2020 war alles gut.
    In 2021 habe ich mich abermals aus dem Tütchen bedient. Eine der Tomatenpflanzen brachte dunkle Cocktail Tomaten hervor. Überraschend, aber dennoch lecker!
    Entweder ist beim „Zusammenkehren“ der Tomatensamen eine Black Cherry, Purpurmurmel oder ähnliche dazwischen gerutscht, oder ihr hattet in 2019, oder davor, schon mal einen „Hummeleffekt“.

    1. admin sagt:

      Hallo Rainer, ja wir hatten da auch schon mal Verkreungen. Bei Paulas waren mal gelbe dabei. Wir haben dann aber wieder auf älteres Saatgut zurückgegriffen. Bei uns war in den letzten beiden Anbaujahren wieder alles normal rot. Dass mal ein Same einer anderen Sorte dazwischenrutscht, ist natürlich ebenfalls möglich. Wobei ich das bei unseren samen noch nicht beobachtet habe. Die vermutliche Verkreuzung bei Black Cherry könnte auch aus einer Vermischung bei gekauftem Saatgut stammen, was ich beinahe vermute. Bleibt jedoch immer wieder spannend …

  7. Svenja W sagt:

    Vielen Dank für den Artikel, jetzt wird mir auch einiges klarer. Wir hatte bei euren Spitzpaprika Macho im ersten Jahr (2022) 5 Pflanzen mit diesen tollen violetten Früchten und eine mit ganz langen dünnen roten (sahen aus wie Chilis, schmecken aber wie süße Paprika). Haben von violetten Samen genommen und im 2. Jahr (2023) gab es nur noch Pflanzen mit dieser länglichen Chiliform und keine einzige mit den großen violetten. Tomate Paulas Süße ist sowohl 2022 als auch 2023 immer gelb und spitz zulaufend gewesen (hab gedacht, die gehören so, hatte ganz vergessen, dass die laut „Produktbeschreibung“ rot werden sollen). Die gelben Früchte sind aber unglaublich lecker, süß und die beliebtesten Tomaten meiner Familie unter all den Sorten, also darf sie gerne so bleiben 🙂 und auch die zufällig so langen roten „chili“ Paprikas sind viel beliebter bei den Kids als ihr „Ursprungsmodell“ 😀 Nur mit der Purpurmurmel will es einfach nicht klappen. 2 Jahre in Folge habe ich von 2 Dutzend Jungpflanzen nur eine einzige Erwachsene Pflanze hinbekommen. Alle anderen sind in Jungpflanzenalter eingegangen, bei gleicher Behandlung wie alle anderen Sorten. Soll wohl nicht sein 😉

    1. admin sagt:

      Liebe Svenja,
      vielen Dank für Ihren Erfahrungsbericht. Sehr interessant fand ich die gelbe Paula. Bei uns sind auch gelbe aufgetaucht, die wir dann aussortiert haben. Eine Spitze hatten sie jedoch nicht … Außerdem sieht man an Ihrem Bericht, dass Verkreuzungen nicht immer schlecht sein müssen ;-). Was allerdings der Purpurmurmel nicht behagt, kann ich leider nicht beurteilen.
      Herzlichen Gruß, Annette Holländer

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