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Butterkopfsalat

Den ersten frischen Kopfsalat aus dem eigenen Garten erwarten wir, wie wohl die meisten Gärtnerinnen und Gärtner, jedes Jahr wieder mit Vorfreude und Ungeduld.

Frühlingskopfsalate verfügen über einen besonders zarten und feinen Geschmack – nicht umsonst wird der Kopfsalat auch Butterkopf genannt und im Frühling macht er diesem Namen ganz besondere Ehre.

Eine altbekannte und herausragende Sorte des frühen Kopfsalats ist Maikönig, die bereits 1913 für den frühen Anbau empfohlen wurde. Bei einer Vorkultur ab Februar kann ab Anfang Mai königlicher Butterkopfsalat geerntet werden.

Kopfsalat aus Überwinterungsanbau
Will man die Wartezeit auf den ersten Salat etwas verkürzen, kann man im Herbst bereits mit Überwinterungskulturen Vorsorge treffen. Dabei handelt es sich um Sorten, die im Spätsommer gesät werden und frosthart sind, als Jungpflanzen überwintern und mit der ersten Frühlingssonne zu wachsen beginnen. Der Anbau im Kaltgewächshaus oder KFrühbeet ist dabei von Vorteil.

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Grazer Krauthäuptl

Diese früher gängige Überwinterungskultur ist fast in Vergessenheit geraten. Entsprechend gibt es im Handel nur noch wenige geeignete Sorten wie z. B. Maiwunder oder Brauner Winter. In den Saatgutarchiven findet man dagegen eine Vielzahl von Salaten, die für die Überwinterung gut geeignet sind. Oft handelt es sich dabei um alte Regionalsorten wie Mombacher Winter oder Moosbacher Winterhäuptl.

Auch für den Anbau im weiteren Jahresverlauf gibt es eine große Auswahl alter Salatsorten. Gemessen am recht einheitlichen Angebot in unseren Supermärkten, das vorrangig auf großflächigen Anbau, Resistenzen, Lager- und Transportfähigkeit gezüchtet wurde, bestechen diese Sorten durch feinen und aromatischen Geschmack, weiche Blätter und oft außergewöhnliche Optik.

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Goldforelle

Einer unserer Lieblinge für den Frühjahrs- und Sommeranbau ist dabei das Grazer Krauthäuptl, eine österreichische Lokalsorte aus der Batavia-Familie, deren Saatgut auch im Handel erhältlich ist.

Weitere schöne Sorten sind die rot gesprenkelten Forellensalate (Goldforelle, Forellenschluss) und rotblättrige Kopfsalate wie Indianerperle und Wunder der vier Jahreszeiten. Letzterer wurde bereits 1880 in einem Preisverzeichnis erwähnt.

Eine besondere Rarität ist die Rehzunge (wie auch Löwen- oder Ochsenzunge) mit spitzen, leicht eingedrehten, dickfleischigen Blättern. Eine ähnliche Wuchsform bildet Wiener Maidivi, ein Romana-Salat für die Sommerernte.

Die Vielfalt alter Salatsorten

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Wiener Maidivi

Die genannten Sorten stellen nur einen kleinen Ausschnitt der ursprünglichen Vielfalt alter Salatsorten dar.

Die erste Beschränkung der Sorten entstand durch die Sortenbereinigung ab 1934, die unter anderem die restlose Beseitigung aller für die Landeskultur wertlosen Sorten zum Ziel hatte. (Die Sortenbereinigung betraf übrigens nicht nur Salat, sondern alle Gemüsesorten.)

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Indianerperle

Von 212 Salatsorten die im Handel gewesen waren und geprüft wurden, blieben bis 1942 nur 30 „vermehrungs- würdige“ Sorten übrig. Dieses Sortiment wurde auch nach dem 2. Weltkrieg vorerst beibehalten und hat sich nur langsam wieder etwas vergrößert.

Die damaligen Prüfungsrichtlinien gelten in den Grundzügen heute noch für die Sortenzulassungen.

Studie „Die Vielfalt alter Salatsorten – eine Dokumentation“
Das Bundesamt für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz veröffentlichte in Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität Berlin und dem Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen (VERN e.V.) die Studie „Die Vielfalt alter Salatsorten – eine Dokumentation“. Es handelt sich dabei um ein Modellvorhaben zur „Wiedereinführung alter Salatsorten zur regionalen Vermarktung“. Es wurden ca. 50 alte Salatsorten in den Testanbau gebracht, bonitiert und teilweise auch über die Anbaubetriebe vermarktet. Die Ergebnisse sowie die Geschichte alter Salatsorten sind in der 167 Seiten umfassenden Studie dokumentiert.

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Altöttinger Großkopfada

Die Studie ist absolut lesenswert für jeden, der sich mit dem Wiederanbau und der Weiterentwicklung alter Salatsorten sowie einer möglichen Vermarktung beschäftigen möchte. Für den Hausgärtner stellt sie eine Fundgrube interessanter Sorten für den Eigenanbau dar.

Download: „Die Vielfalt alter Salatsorten – eine Dokumentation“ (PDF, 11 MB) >

[Bildquelle Butterkopfsalat, Goldforelle, Indianerperle, Wiener Maidivi: Studie „Die Vielfalt alter Salatsorten – eine Dokumentation“]


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Aubergine Obsidian

Es ist wieder soweit – spätestens im Februar beginnt die Qual der Wahl: welche Sorten werden in diesem Jahr gesät? Wer sich über Gartencenter, Saatgutkataloge und Online-Shops versorgt steht vor einer großen Auswahl bunter Samentütchen. In den letzten Jahren wird dabei der Zusatz F1 bei den Sortenbezeichnungen immer häufiger. Die wenigsten wissen jedoch, was die Bezeichnung F1 und im Gegensatz dazu der Begriff Samenfest bedeutet.

Samenfeste Sorten sind nachbaufähig

Hier lohnt sich ein kleiner Rückblick in die Geschichte unserer Sämereien: samenfeste Sorten werden über Jahre auf bestimmte Eigenschaften durch Kreuzung und Selektion gezüchtet. Diese Eigenschaften können Farbe, Geschmack, Form, Resistenzen, etc. sein. Vermehrt man diese Sorten über ihr Saatgut, erhält man in den nächsten Generationen Pflanzen mit denselben Eigenschaften – dies nennt man samenfest, sortenrein und nachbaufähig. Bevor die moderne Pflanzenzüchtung an Bedeutung gewann, war dies der Weg, um Sorten zu züchten und weiter zu entwickeln.

F1 – Kreuzung in erster Generation
Bei F1 gekennzeichnetem Saatgut handelt es sich um Hybrid-Züchtungen, die nicht samenfest sind. F1 ist eine Kreuzung in erster Generation. D. h. es werden zwei Sorten gekreuzt und bei sortenreinen Eltern erhält man in dieser ersten Generation einheitliche Nachkommen. Vermehrt man diese Pflanzen weiter, tritt in der nächsten Generation – der F2 – die größtmögliche genetische Aufspaltung auf. D. h. die genetischen Eigenschaften der Kreuzungspartner treten in den Nachkommen in den verschiedensten Variationen zu Tage. Wenn wir also bspw. aus einer gelben, runden F1 Zucchini Saatgut gewinnen und wieder ansäen werden wir nur einen Teil oder u. U. gar keine Zucchini mit diesen gelben und gleichzeitig runden Eigenschaften erhalten.

Die moderne Pflanzenzüchtung
In der modernen Pflanzenzüchtung werden F1-Hybriden jedoch nicht nur durch einfache Kreuzung erzeugt. Oftmals werden in der Natur nicht vorkommende Inzuchtlinien erzwungen, um in der F1 gewünschte Eigenschaften hervorzubringen oder im Labor über die Verschmelzung artfremder Zellen und Zellkerne sogenannte CMS-Hybriden geschaffen. Letztere können in sich steril sein. [Quelle: www.saveourseeds.org/dossiers/cms-hybride.html]. Eine Vermehrung solcher Sorten ist entweder gar nicht möglich oder hat degenerierte Pflanzen zur Folge. Als Konsequenz hat Demeter bereits 2005 in seinen Richtlinien verfügt, dass CMS-Hybriden nicht mehr verwendet werden dürfen.

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Vielfalt im Gemüsebeet

Was bedeutet dies für den Eigenanbau?
Zugegebenermaßen bestechen die eine oder andere F1-Hybride durch ihre Eigenschaften. Will man diese Sorten jedoch langfristig kultivieren, ist man gezwunden jedes Jahr wieder neues Saatgut, das meist wesentlich teurer ist als von samenfesten Sorten, zu kaufen. Meist sind auch die Portionen in den Saatguttüten sehr klein, bei Tomaten bspw. oft nur 5 Korn.

Durch das große F1-Angebot werden traditionelle samenfeste Sorten verdrängt. Dabei geht ein großer Reichtum an Züchtungsarbeit und genetischer Ressourcen verloren. Für die Vielfalt auf unseren Gartenbeeten sind samenfeste Sorten die bessere Wahl.

 


Saatgut- und Pflanzguttausch haben eine lange Tradition
Über Selektion und Kreuzung wurden Jahrhunderte lang Nutzpflanzensorten in bäuerlichen Betrieben entwickelt, die durch Tausch weitergegeben wurden. Dadurch entstand eine riesige Vielfalt regionaler Sorten.

Im Zuge der Saatgutgesetzgebung und der damit zusammenhängenden Sortenzulassungen ist diese Tradition nur noch begrenzt erlaubt. Künftig könnten diese Regelungen sogar noch verschärft werden, sodass jedes Saat- und Pflanzgut erst amtlich zugelassen werden muss, um in irgendeiner Form weitergegeben werden zu dürfen.

art_samentuetchenDabei sind Kriterien für die Sortenzulassung beispielsweise Uniformität und Homogenität, was die alten Sorten oft nicht erfüllen können.  Ausprägungen auf Grund ihres Erbmaterials zeichnen alte Sorten aus, jedoch fallen sie damit für eine Sortenzulassung durch das Raster der homogenen modernen Industriesorten.

Wenn dieses Saatgut nicht mehr weitergegeben werden darf, wird automatisch auch der Anbau und die lebendige Weiterentwicklung der alten Sorten eingeschränkt. Es geht dadurch die genetische Vielfalt eines Jahrtausende alten Kulturerbes verloren. Dies wirkt sich nicht nur auf die Vielfalt in unseren Gärten, auf unseren Äckern und auf unseren Tellern aus.

Dieser Genpool ist gleichermaßen notwendig, um eine Nahrungsmittelversorgung auch unabhängig von der modernen Pflanzenzüchtung sicher zu stellen. Schließlich sind es die alten und samenfesten Nutzpflanzensorten, die sich an sich verändernde Umweltbedingungen anpassen können.

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buchtipp_reichtum-erntenVielfalt ist Reichtum
Vielfalt kann nur durch viele Menschen in vielen Gegenden entstehen. Früher hatte jede Region ihre eigenen Sorten. Heute gibt es in den Supermärkten fast nur noch Einheitsgemüse. Viele lokale Sorten sind spurlos von unseren Feldern und Beeten verschwunden. Wer kennt noch Ostfriesische Palme, Berner Rose oder Kasseler Strünkchen?

Aber es gibt sie noch und hinter jeder dieser seltenen Gemüsesorten stecken sehr persönliche Geschichten und Menschen, die aus Leidenschaft fast vergessenen Sorten vermehren.

Reichtum ernten
von Ute Klaphake, Karin Lüdemann, Dierk Jensen.
Gebundene Ausgabe, Bestellung und weitere Informationen über

Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt >

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