Schon im letzten Jahr haben wir in dem einem oder anderem Beitrag dazu geschrieben, wie wichtig die Erhaltung der Vielfalt auch im Hausgarten ist. Ob für bedrohte Tiere, die sich im Naturgarten ansiedeln können, für gesunde Wildkräuter oder zur Erhaltung unserer alten, samenfesten Nutzpflanzen.

Entwurf der EU-Saatgutreform zurückgewiesen
Gerade hinsichtlich des zuletzt genannten Themas hat sich – vor allem durch großen Druck aus der Öffentlichkeit – eine erfreuliche Wende eingestellt. Das Parlamentsplenum hat in der letzten Woche mit 511 zu 130 Stimmen eine Entschließung mit Gesetzeskraft verabschiedet, die den Vorschlag vom 6. Mai 2013 eindeutig ablehnt und die EU-Kommission auffordert einen neuen Vorschlag vorzulegen.

Wäre der Vorschlag angenommen worden, hätte dies das Aus für viele unserer alten Kulturpflanzen bedeutet, da Sortenzulassungen und Weitergabe von Saatgut – zugunsten homogener F1-Züchtungen – erheblich erschwert worden wären. Die weitere Entwicklung nach den EU-Parlamentswahlen bleibt zu beobachten.

Neue und alte Sorten gehen wieder in die Vermehrung
Wir werden in jedem Fall wieder ausgewählte alte Nutzpflanzen in die Vermehrung nehmen. Dabei sind Sorten, die gerne bei uns angefragt werden und neue Raritäten, auf die wir uns schon besonders freuen.

Gesät ist schon eine ganze Menge: Vor allem einige neue Paprika- und Auberginensorten, die besonders für den Freilandanbau geeignet sind, eine bunte Palette an Tomaten und im Freiland die ersten Zuckererbsensorten.

An dieser Stelle herzlichen Dank an alle Interessierten, die unser Saatgut alter Gemüsesorten angefragt haben, es nun ansäen und vielleicht auch selbst vermehren und weiter geben werden.

In diesem Sinne allen ein witterungsfreundliches und freudvolles Gartenjahr mit vielfältigem Gemüsegenuss!


Nun haben wir schon mehrmals von der geringelten Bete „Tonda die Chioggia“ erzählt und wie sich wunderbare Gemüsegerichte mit ihr zubereiten lassen. So fand sie u. a. ihren Platz im herbstlichen Blechgemüse und avancierte als Carpaccio mit Ziegenkäse zum Star im Artikel über „Garten des Lebens“ in der Zeitschrift LandFrisch. Somit höchste Zeit, ihr ein Gemüseportrait zu widmen.

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„Tonda di Chioggia“ gehört zu den roten Rüben (Beta vulgaris) – auch rote Bete, Rande oder Ranne genannt – und ist eng verwandt mit Mangold, Runkel- und Zuckerrübe. Bekannter ist bei uns die durchgängig rot gefärbte rote Bete, wie z. B. die Sorte „Rote Kugel“. Dabei gibt es neben der sogenannten „Ringelbete“ auch gelbe und weiße sowie plattrund, walzenförmig oder zylindrisch geformte Sorten.

Die rote Rübe ist ein ausgezeichnetes Lagergemüse für die winterliche Küche und war lange Zeit ein wichtiges Wintergemüse.

Anbau:
Der Anbau erfolgt bei allen roten Rüben einheitlich, wobei es schneller und langsamer wachsende Sorten gibt. „Tonda die Chioggia“ ist eine wüchsige Sorte, die in wenigen Monaten zu einer schönen Größe heranwachsen kann. Sie benötigt gute Nährstoffgaben, jedoch sollte eine Überdüngung vermieden werden. In den warmen Sommermonaten ist für eine gute Entwicklung ausreichend Wasser wichtig.

art_tonda-chioggiaDie Aussaat erfolgt von Mitte April bis Mitte Juni. Bei uns hat sich eine Aussaat Ende Mai für die Herbsternte und Einlagerung gut bewährt. Die Pflanzen werden direkt gesät oder vorgezogen und dann auf einen Pflanzabstand von ca. 25 x 25 cm vereinzelt. Rote Bete bildet ihre Samen in Knäueln aus, also mehrere Samen dicht zusammen. Dadurch keimen oft 2 – 3 Pflanzen eng nebeneinander, sodass das Vereinzeln bei den meisten Sorten notwendig ist.

Im Herbst kann die rote Bete, solange nur leichte Nachtfröste bis etwa minus 3 Grad zu erwarten sind, im Beet bleiben. Gegebenenfalls mit Vlies vorrübergehend abdecken. Erst bei stärkeren Frösten werden die Wurzeln vorsichtig aus der Erde gezogen und die Blätter abgedreht ohne die Rübe zu beschädigen. Für die Lagerung am besten im kühlen Keller bei 3 – 5 Grad ungewaschen in feuchten Sand eingeschlagen.

Vermehrung:
Die rote Rübe ist zweijährig und bildet erst im zweiten Kulturjahr die Blüte. Für die Vermehrung ist eine frostfreie Überwinterung im Lager notwendig. Es sollte daher nicht zu früh gesät werden, da überständige Wurzeln im Lager schneller verderben. Bei richtiger Lagerung (siehe oben) halten die Rüben dann gut bis zum Frühjahr. Sobald es frostfrei ist, werden sie wieder gepflanzt.

Zu frühe Saaten oder recht tiefe Temperaturen im Frühsommer können durch einen Kältereiz zu einjährigen Schossern führen. Von diesen Pflanzen keine Samen für die Vermehrung nehmen!

Beta vulgaris gehört zu den Gänsefußgewächsen und ist ein Fremdbefruchter und Windbestäuber. Daher für die Vermehrung ohne Isolierung nur eine Sorte anbauen. Dabei ist darauf zu achten, dass Mangold und Zuckerrübe sich mit roter Bete verkreuzen. Für die Gewinnung des Saatguts werden mindestens 15 schön ausgebildete Wurzeln benötigt.

art_tonda-chioggia-carp1Verwendung:
„Tonda die Chioggia“ wird wie rote Bete für Gemüsegerichte und Gemüsesalat verwendet. Dünn gehobelt und mariniert kann sie auch als Rohkost zubereitet werden.

Die rot-weiße Färbung nimmt beim Kochen einen lachsfarbenen Ton an. Ihr Geschmack ist feiner und nicht so erdig, wie einige andere Sorten.

Zum Rezept „Rote Beete Carpaccio mit gebratenem Ziegenkäse“ >

Besonders interessant sind „Tonda die Chioggia“ und andere helle Sorten für Gerichte, bei denen die rote Beete nicht alle anderen Zutaten mit dem roten Saft einfärben soll.

Geschichte:
Rote Bete ist im Mittelmeerraum, vermutlich in Nordafrika, beheimatet und kam mit den Römern nach Mitteleuropa. „Tonda di Chioggia“ ist eine alte italienische Sorte, benannt nach der italienischen Stadt Chioggia in Venetien. Neben dem Fischfang war der Gemüseanbau traditionell der wichtigste Wirtschaftszweig der Stadt im Golf von Venedig. So gibt es verschiedene weitere Gemüsesorten, die nach der Stadt benannt sind, wie z. B. Radicchio „La rosa di Chioggia“ oder der Muskatkürbis „Marina di Chioggia“.

 


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Tomate „Blue P 20“

Pünktlich zum Beginn des „Altweibersommers“ konnten wir am vergangenen Sonntag bei wunder- schönem Spätsommmerwetter unseren
2. Raritätennachmittag abhalten.

Wie schon im letzten Jahr wurden den Besuchern bei einem Gartenrundgang samenfeste Gemüsesorten und Sortenraritäten vorgestellt sowie deren Anbau und Kultur besprochen.

Um nicht nur das Auge zu erfreuen, gab es neben einer Ausstellung von bunten Tomaten, Gartenkürbissen und einer großen Auswahl von Bohnensorten auch Kostproben verschiedener Gemüsezubereitungen:

Carpacchio von der rot-weißen Rübe „Tonda di Chioggia“, Antipasti in Olivenöl mit Parmesan von der festfleischigen Zucchini „Costata Romanesco“ und frisch gebackenes Brot mit einer Füllung aus Neuseeländer Spinat und Mozzarella.

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Zuckermais „Rainbow Inca“

An der Feuerschale brieten wir in Butter den bunten Indianerzuckermais „Rainbow Inca“. Roh verkostet wurden dazu verschiedene Tomatensorten und eine Gurkenmelone.

Beim Gartenrundgang war neben der fast schwarzblauen Tomate „Blue P 20“ wie schon des öfteren die robuste und in großen Büschen wachsende Wildtomate „Humboldtii“ der Star. Wer wollte, konnte sich bereits mit Saatgut für die kommende Saison versorgen.

Der Nachmittag bot Gelegenheit für viele nette Gespräche und regen Austausch. Und so freuen wir uns schon auf die kommenden Veranstaltungen und den Raritätennachmittag im nächsten Jahr.

 


Gartenspinat (Spinacia oleracea) gehört zu den Gänsefußgewächsen (Chenopodiaceae) und kommt als Kulturform vermutlich aus Südwestasien.

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Rote Gartenmelde

In Mitteleuropa wird der Spinat im 13. Jahrhundert erstmals erwähnt und verdrängte als Gemüsepflanze in der Folge rasch die im Mittelalter beliebte und verwandte Gartenmelde (Artiplex hortensis).

Lange Zeit als Unkraut behandelt erlebt die Melde heute mit verschiedenen farbigen Kulturformen vor allem in den Hausgärten wieder eine Renaissance.

Mai ist Spinatzeit
Die ersten sind die überwinterten Spinatsorten mit Aussaat im Spätsommer und Herbst, die je nach Witterung auch schon ab Februar erntebereit sind. Im Mai folgt der Frühlingsspinat, der gesät werden kann sobald der Boden frostfrei ist.

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Spinat mit Blütenansatz

Bei Sommeraussaat geht der Spinat als Langtagpflanze schnell in Blüte. Dasselbe gilt für die Melde, die sich im Garten auch leicht selbst wieder aussät und ebenfalls ab Mai geerntet werden kann.

Variantenreichtum in der Küche
Die wohl bekannteste Zubereitungsvariante ist frischer Blattspinat, kurz mit Knoblauch in Butter gedünstet. Hervorragend geeignet sind junge Spinat- und Meldeblätter außerdem als schmackhafte und je nach Sorte farbenfrohe Salatbeigabe. Und auch in Kombination mit Pasta oder als Füllung für Quiche und Brote kann das Blattgemüse in den unterschiedlichsten Zubereitungen glänzen.

In den folgenden beiden Rezepten bieten Spinat und rote Melde gebettet in Hefeteig einen kulinarischen Hochgenuss.

Grundrezept Hefeteig
500g helles Dinkelmehl (z. B. 630)
1 TL Salz
1 Päckchen Trockenhefe
4 EL Olivenöl
ca. 350 ml Wasser

Mehl, Trockenhefe und Salz in einer Schüssel gut vermischen und gleichmäßig mit dem Olivenöl beträufeln. Von der Mitte her nach und nach Wasser zugießen und zu einem glatten Teig verarbeiten. Den Teig mit bemehlten Händen gut durchkneten und an einem warmen Ort gehen lassen bis er sich etwa verdoppelt hat.
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Gefülltes Brot mit Roter Melde

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Brot mit Füllung aus roter Melde

Hefeteig nach Grundrezept
2 – 3 Händevoll roter Melde
1 Handvoll gemischter Garten- und Wildkräuter
2 EL Olivenöl
Salz
1 Kugel Büffelmozzarella
100 g geriebener Käse (z. B. Butterkäse oder junger Bergkäse)

Rote Melde und Kräuter in feine Streifen schneiden und in eine Schüssel geben. Mozzarella würfeln und mit den restlichen Zutaten dazu geben und gut vermischen.

Den Hefeteig auf einer bemehlten Fläche ca. 1 cm dick ausrollen und mit der Kräuter-Käse-Masse bestreichen. Den Teig mit der Masse einrollen und die Enden gut festdrücken. Sichelförmig auf ein mit Backpapier versehenes Backblech legen und im vorgeheizten Ofen bei 180 Grad ca. 45 Minuten backen.
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Spinatpizza mit Ziegenkäse

Hefeteig nach Grundrezept (reicht für 3 Pizze)
500 ml passierte Tomaten
Knoblauch
Olivenöl
500 g gewaschenen und gut abgetropften Spinat
2 Kugeln Mozzarella
200 g Ziegenbrie oder Ziegenrolle
Salz, Pfeffer

Den Hefeteig ausrollen und auf geölte Pizzableche legen. Mit den passierten Tomaten bestreichen und salzen. Den Knoblauch in Olivenöl andünsten den Spinat zugeben. Weiterdünsten bis der Spinat zusammenfällt und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Eventuell überschüssige Flüssigkeit abdampfen lassen. Den Mozzarella und den Ziegenkäse in dünne Scheiben schneiden und die Pizze damit belegen. Den Spinat darauf verteilen. Die Pizze im vorgeheizten Backofen (Ober-/Unterhitze) bei 230 Grad ca. 15 Minuten backen, bis der Rand knusprig ist.

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Brokkoli Purple Sprouting

Brokkoli Purple Sprouting (Brassica oleracea var. italica) ist ein Winterbrokkoli und dürfte das erste Gemüse sein, das wir neben Überwinterungssalaten im Frühling ernten können. Im Juni bis Mitte Juli gesät, überwintern die Pflanzen ohne im Sommer noch Knospen zu entwickeln und es treiben mit den ersten warmen Tagen die Brokkoli-Röschen. Je nach Temperatur kann ab März, spätestens im April geerntet werden. In milden Wintern ist sogar eine Winterernte möglich.

Purple Sprouting entwickelt nur eine kleine zentrale Brokkoli-Rose, dafür aber viele Seitentriebe mit kleinen Röschen von wunderbar zartem und delikatem Geschmack. Die rötliche bis violette Färbung ist zudem eine besondere Zierde im Gemüsebeet.

Anbau:
Aussaat im Juni/Juli für die Überwinterung im Freiland oder kaltem Gewächshaus. Purple Sprouting ist frosthart, wobei im Freien vor Kahlfrost geschützt werden muss. Im zeitigen Frühjahr treiben die Brokkoli-Röschen. Die Kultur im Kaltgewächshaus bringt dabei einen zeitlichen Vorsprung. Kohl ist ein Starkzehrer und benötigt Düngergaben am besten in Form von Mistkompost im vorbereiteten Beet.

Wuchsform:
Bildet lockere Pflanzen mit vielen bleistiftstarken Seitentrieben und kleinen Röschen.

Brokkoli Purple Sprouting Seitentriebe

Vermehrung:
Kohl ist ein Fremdbefruchter und wird über Insekten bestäubt. Verschiedene Kohlsorten wie Weißkohl, Brokkoli, Blaukraut, Wirsing, … (Brassica oleracea) verkreuzen sich. Daher für die Vermehrung nur eine Kohlsorte überwintern. Die Pflanzen blühen im Frühling wunderschön gelb und dienen auch als Bienenweide.

Für die Vermehrung von Kohl sollte ein großer Pflanzenbestand von mindestens 20 Pflanzen angebaut werden. Selektiert werden kann z. B. auf die violette Färbung oder starke Mittelrosen. Dabei wird das Saatgut nur von den besten Pflanzen genommen. Die anderen Pflanzen dienen zur Bestäubung und können auch teilweise beerntet werden.

Verwendung:
Brokkoli Purple Sprouting wird wie Brokkoli zubereitet, wobei Stiele und kleine Blätter mit verzehrt werden. Da Purple Sprouting sehr zart ist, bietet sich das Garen der ganzen Triebe über Dampf an. Lauwarm mit Vinaigrette angemacht ist dieser Frühlingsbrokkoli ein kulinarisches Erlebnis.

Geschichte:
Brokkoli Purple Sprouting wurde ursprünglich von den Römern kultiviert und wird in Großbritannien seit dem frühen 18. Jahrhundert angebaut. Dort ist es auch heute noch ein relativ bekanntes Gemüse und vor allem für Hobbygärtner und Selbstversorger interessant, bei uns hingegen so gut wie unbekannt. In Italien werden ähnliche Brokkoli-Arten, wie z. b. Broccoletto oder Cime di Rapa kultiviert, wobei diese zur Brassica rapa Familie gehören.

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