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Aubergine Obsidian

Es ist wieder soweit – spätestens im Februar beginnt die Qual der Wahl: welche Sorten werden in diesem Jahr gesät? Wer sich über Gartencenter, Saatgutkataloge und Online-Shops versorgt steht vor einer großen Auswahl bunter Samentütchen. In den letzten Jahren wird dabei der Zusatz F1 bei den Sortenbezeichnungen immer häufiger. Die wenigsten wissen jedoch, was die Bezeichnung F1 und im Gegensatz dazu der Begriff Samenfest bedeutet.

Samenfeste Sorten sind nachbaufähig

Hier lohnt sich ein kleiner Rückblick in die Geschichte unserer Sämereien: samenfeste Sorten werden über Jahre auf bestimmte Eigenschaften durch Kreuzung und Selektion gezüchtet. Diese Eigenschaften können Farbe, Geschmack, Form, Resistenzen, etc. sein. Vermehrt man diese Sorten über ihr Saatgut, erhält man in den nächsten Generationen Pflanzen mit denselben Eigenschaften – dies nennt man samenfest, sortenrein und nachbaufähig. Bevor die moderne Pflanzenzüchtung an Bedeutung gewann, war dies der Weg, um Sorten zu züchten und weiter zu entwickeln.

F1 – Kreuzung in erster Generation
Bei F1 gekennzeichnetem Saatgut handelt es sich um Hybrid-Züchtungen, die nicht samenfest sind. F1 ist eine Kreuzung in erster Generation. D. h. es werden zwei Sorten gekreuzt und bei sortenreinen Eltern erhält man in dieser ersten Generation einheitliche Nachkommen. Vermehrt man diese Pflanzen weiter, tritt in der nächsten Generation – der F2 – die größtmögliche genetische Aufspaltung auf. D. h. die genetischen Eigenschaften der Kreuzungspartner treten in den Nachkommen in den verschiedensten Variationen zu Tage. Wenn wir also bspw. aus einer gelben, runden F1 Zucchini Saatgut gewinnen und wieder ansäen werden wir nur einen Teil oder u. U. gar keine Zucchini mit diesen gelben und gleichzeitig runden Eigenschaften erhalten.

Die moderne Pflanzenzüchtung
In der modernen Pflanzenzüchtung werden F1-Hybriden jedoch nicht nur durch einfache Kreuzung erzeugt. Oftmals werden in der Natur nicht vorkommende Inzuchtlinien erzwungen, um in der F1 gewünschte Eigenschaften hervorzubringen oder im Labor über die Verschmelzung artfremder Zellen und Zellkerne sogenannte CMS-Hybriden geschaffen. Letztere können in sich steril sein. [Quelle: www.saveourseeds.org/dossiers/cms-hybride.html]. Eine Vermehrung solcher Sorten ist entweder gar nicht möglich oder hat degenerierte Pflanzen zur Folge. Als Konsequenz hat Demeter bereits 2005 in seinen Richtlinien verfügt, dass CMS-Hybriden nicht mehr verwendet werden dürfen.

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Vielfalt im Gemüsebeet

Was bedeutet dies für den Eigenanbau?
Zugegebenermaßen bestechen die eine oder andere F1-Hybride durch ihre Eigenschaften. Will man diese Sorten jedoch langfristig kultivieren, ist man gezwunden jedes Jahr wieder neues Saatgut, das meist wesentlich teurer ist als von samenfesten Sorten, zu kaufen. Meist sind auch die Portionen in den Saatguttüten sehr klein, bei Tomaten bspw. oft nur 5 Korn.

Durch das große F1-Angebot werden traditionelle samenfeste Sorten verdrängt. Dabei geht ein großer Reichtum an Züchtungsarbeit und genetischer Ressourcen verloren. Für die Vielfalt auf unseren Gartenbeeten sind samenfeste Sorten die bessere Wahl.

 


Saatgut- und Pflanzguttausch haben eine lange Tradition
Über Selektion und Kreuzung wurden Jahrhunderte lang Nutzpflanzensorten in bäuerlichen Betrieben entwickelt, die durch Tausch weitergegeben wurden. Dadurch entstand eine riesige Vielfalt regionaler Sorten.

Im Zuge der Saatgutgesetzgebung und der damit zusammenhängenden Sortenzulassungen ist diese Tradition nur noch begrenzt erlaubt. Künftig könnten diese Regelungen sogar noch verschärft werden, sodass jedes Saat- und Pflanzgut erst amtlich zugelassen werden muss, um in irgendeiner Form weitergegeben werden zu dürfen.

art_samentuetchenDabei sind Kriterien für die Sortenzulassung beispielsweise Uniformität und Homogenität, was die alten Sorten oft nicht erfüllen können.  Ausprägungen auf Grund ihres Erbmaterials zeichnen alte Sorten aus, jedoch fallen sie damit für eine Sortenzulassung durch das Raster der homogenen modernen Industriesorten.

Wenn dieses Saatgut nicht mehr weitergegeben werden darf, wird automatisch auch der Anbau und die lebendige Weiterentwicklung der alten Sorten eingeschränkt. Es geht dadurch die genetische Vielfalt eines Jahrtausende alten Kulturerbes verloren. Dies wirkt sich nicht nur auf die Vielfalt in unseren Gärten, auf unseren Äckern und auf unseren Tellern aus.

Dieser Genpool ist gleichermaßen notwendig, um eine Nahrungsmittelversorgung auch unabhängig von der modernen Pflanzenzüchtung sicher zu stellen. Schließlich sind es die alten und samenfesten Nutzpflanzensorten, die sich an sich verändernde Umweltbedingungen anpassen können.

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