Letzten Sommer gab es laut Medienberichten verschiedene Vergiftungsfälle durch Bitterstoffe in Kürbisgewächsen. An einem Zucchino mit hohem Bitterstoffanteil soll sogar ein älterer Mann verstorben sein. Seitdem geht es um, dass man Kürbisgewächse keinesfalls selbst vermehren soll, da sich dadurch Bitterstoffe bilden können. In einem Online-Shop für Sämereien konnte ich neulich genau diesen Hinweis bei jedem Saatguttütchen mit Samen von Kürbissen und Zucchini lesen. Bei Saatgutbestellungen kommen auch zu mir Anfragen zu Bitterstoffen in alten Sorten und in unserem Saatgutangebot.

header_kuerbisgewaechse

.
Was hat es nun auf sich mit den Bitterstoffen in Kürbisgewächsen?
Grundsätzlich ist es tatsächlich so, dass Kürbisgewächse – dazu gehören alle Arten von Kürbissen, Gurken und Melonen – Bitterstoffe, sogenannte Curcurbitacine enthalten können. Vor allem die ursprünglich wilden Vorfahren unserer heutigen Kultursorten sind oft sehr bitter gewesen. Für den Menschen sind diese Bitterstoffe (anders als z. B. viele Bitterstoffe in Kräutern) unverträglich. Durch Auslese und Kreuzung wurden den Speisekürbissen, Zucchini und Gurken die Bitterstoffe so weit als möglich heraus gezüchtet.

Bitterstoffe in Gurken
Der eine oder andere kennt noch den Hinweis zum Schälen einer Gurke: „… von der Blüte zum Stiel“. So sollten mögliche Bitterstoffe vom Stielansatz nicht auf die restliche und bitterfreie Gurke gebracht werden. Das bittere Ende wurde weggeschnitten und selbstverständlich nicht verzehrt!

Die wenigsten Gurken sind komplett bitterfrei und die Bitterstoffe können – unter bestimmten Bedingungen – vom Stielansatz in die Gurke wandern, sodass auch in „normalerweise“ bitterfreien Gurken Bitterstoffe auftreten können. Zu diesen Bedingungen gehören vor allem große Hitze und Trockenheit (auch in Kombination mit zu kaltem Gießwasser), was wir aus dem letzten Sommer ja bestens kennen.

Die Zucchini und der Zierkürbis
Was nun die Vergiftung mit einem bitteren Zucchino anbetrifft, dürfte die Ursache jedoch anderweitig zu suchen sein. Zucchini wie auch Zierkürbisse gehören zu den Gartenkürbissen (Cucurbita pepo), sind Fremdbefruchter und Insektenbestäuber und können sich somit untereinander verkreuzen. Blühen beide zusammen oder auch die Zucchini im eigenen Garten und beim Nachbarn der Zierkürbis, ist meist kein sortenreines Saatgut mehr zu ernten. Zu erkennen ist die Verkreuzung schon an einer veränderten Fruchtform und Farbe und ggf. auch am bitteren Geschmack. Zierkürbisse enthalten oft Bitterstoffe und bei einer Verkreuzung werden diese vererbt.

Eine versehentliche Kreuzung von Zucchini mit einem Zierkürbis scheint daher in diesem Fall, nämlich der aus eigenem Saatgut gezogenen und dann bitteren Zucchini, am nächsten liegend. Verschiedene Erhalter-Organisationen haben dazu bereits entsprechende Stellungsnahmen abgegeben.

Mutationen in der Natur
Die Natur ist variabel und aus jedem Samenkorn entsteht ein Individuum. So sind auch Mutationen nicht auszuschließen – schließlich sind durch Mutationen immer wieder neue Gemüsesorten entstanden. Dies kommt allerdings sehr selten vor, kann jedoch bei gekauftem Saatgut ebenso auftreten wie bei selbst Gezogenem.

In jedem Fall gilt: Bittere Früchte von Kürbisgewächsen sind nicht für den Verzehr geeignet! Und wer selbst vermehrt, sollte sich über Befruchtungsbiologie und Verkreuzungsmöglichkeiten informieren, ggf. nur eine Sorte anbauen und/oder die richtigen Isolationsabstände einhalten, um nicht von bitteren Früchten enttäuscht zu werden. Weitere Informationen hierzu sind in folgenden Artikeln zu finden:

Gartenkürbisse und ihre Vertreter >

.


In den meisten Fällen soll es der Gärtner gewesen sein, wenn Saatgut nicht keimt, Jungpflanzen verkümmern und die Ernte übers Jahr nicht den gewünschten Erfolg bringt. Bestenfalls ist noch das Wetter schuld …

art_saatgut-ernte

Reiche Ernte an samenfesten Gemüsesorten

Dabei beginnt der Erfolg eines Gartenjahres schon bei der Qualität von Anzuchterde und Pflanzsubstrat (dazu hatten wir im Frühling einen Artikel eingestellt und eine ganze Reihe Rückmeldungen mit ähnlichen Erfahrungen erhalten).

Dass jedoch bereits die Auswahl des Saatguts einen Ausschlag für Erfolg oder Misserfolg geben kann, wird meist nicht so recht in Erwägung gezogen. Folgend dazu die Rückmeldung eines Bestellers unseres Samenangebots:

„… hiermit möchte Ich mich bei Ihnen herzlich für Ihre guten Produkte (Saatgut) bedanken!!!!!!!!!!!! Nach einem guten Gartenjahr kam für mich jetzt die Zeit mal zurück zu schauen. Ich habe in diesem Jahr vielerlei probiert, viele Sorten von vielen Herstellern. Rückblickend ist mir nun aufgefallen, das alle meine „Spitzenreiter“ Produkte aus Ihrem Haus waren! Die Pflanzen, die die besten Erträge hatten, und keine Probleme machten stammen ALLLESAMT von Ihnen!

So ein klares Ergebnis hat mich überrascht! Ich hätte eher damit gerechnet, dass Ursachen für Erfolg und Misserfolg bei mir zu suchen wären, und nicht so drastisch vom Saatgut abhängen! Deshalb nochmals VIELEN DANK !!!!!!!!!!!!!!!!!!! …“

Ähnliche Rückmeldungen haben wir bereits anderweitig erhalten und auch unsere Erfahrung spricht dafür, dass bereits die Saatgutauswahl die Weichen für das Gedeihen der Pflanzen und die spätere Ernte stellt.

Dabei spielt vor allem die Anpassung an unsere mitteleuropäischen Klimaverhältnisse und die damit verbundene Robustheit im Freilandanbau der für den Anbau ausgewählten Gemüsesorten eine Rolle, die nicht unterschätzt werden sollte.

Jedoch nur die alten und samenfesten, über viele Jahrzehnte entwickelten Sorten und deren Saatgut können diese Eigenschaften aufweisen. Eine F1-Gemüsesorte aus dem Biotech-Labor – egal was sie ansonsten an Vorzügen mitbringen mag – ist damit nicht ausgestattet.

Unser aktuelles Samenangebot sowie samenfestes Biosaatgut von Sativa ist über unseren Online-Shop erhältlich. Viel Spaß beim Stöbern!

.


Wie im Newsletter von Arche Noah für Oktober 2015 nachzulesen gewesen ist, hat die Saatgutinitiative Froesamlerne in Dänemark Verbesserungen der nationalen Saatgutgesetzgebung erwirkt:

„Künftig können wir Seed Savers Saatgut von nicht registrierten Sorten auch verkaufen. Bisher war das in Dänemark illegal”, erzählt Inger Heyerdahl-Jensen von Froesamlerne. Die neue Regelung wird von allen Saatgutakteuren mitgetragen – auch von der dänischen Saatgutwirtschaft.

Dazu Iga Niznik, politische Referentin von Arche Noah: „Wir freuen uns sehr! Das dänische Saatgutverkehrsrecht ist in Sachen Biodiversität nun Vorbild für ganz Europa.”

Es geht also doch – und Nationen wie Dänemark machen es uns vor! Bleibt zu hoffen, dass dieses Vorbild in ganz Europa auch auf politischer Ebene weitere Anhänger findet…

 


Während die wärmeliebenden Gemüsearten mit der kühlfeuchten Witterung im diesjährigen Frühling nicht besonders gut zurecht kamen, sind Salate und Erbsen fröhlich gewachsen.

art_samenernte-erbseBeide Kulturen brauchen ausreichend Wasser, um sich gut zu entwickeln und nicht frühzeitig zu schossen bzw. um einen guten Fruchtansatz zu erzeugen. Etwas kühlere Temperaturen stören Salate wie Erbsen dabei nicht.

Als Ende Juni dann die große Hitze einsetzte waren Blütenstände und Hülsen bereits gut ausgebildet und in der Trockenheit konnte das Saatgut bei besten Bedingungen ausreifen. 2014 hatten wir genau das Gegenteil: die Erbsen wurden bei der Saatgutreife von Schimmel befallen und die Salatsamenernte fiel buchstäblich ins Wasser, sodass wir kaum Saatgut ernten konnten.

Umso mehr freuen wir uns dieses Jahr über eine makellose Ernte an Salatsamen und Erbsensaatgut. Als erstes konnten wir dabei die Samen des Winterkopfsalats „Zimska Salata Zupanja“ ernten.

art_samenernte-zimska„Zimska Salata Zupanja“ ist eine alte Salatsorte aus Kroatien für den Überwinterungsanbau (Zimska = Winter). Sie wird Anfang bis Mitte September gesät und die kleinen Salatrosetten überwintern im Kaltgewächshaus, Frühbeet oder auch direkt im Freiland. Im Frühling bilden sich dann bald schöne mittelgroße Salatköpfe für die erste Salaternte.

Das Saatgut haben wir ursprünglich von Arche Noah erhalten. Die Sorte wurde neben einer großen Anzahl anderer Überwinterungssalate im Zuge einer Diplomarbeit von Jakob Wenz und Matthias Wenger im Freilandanbau getestet und beschrieben (siehe Seite 228). Die Sortenbeschreibung aus der Literatur scheint jedoch abzuweichen, denn der Salat weist keine Sprenkelung wie Forellensalat auf, sondern höchstens einen leichten rötlichen Einschlag und ist hellsamig. Die weitere Beschreibung und die Abbildungen aus dem Testanbau entsprechen jedoch auch dem Sortenbild das wir bei uns im mehrjährigen Anbau beobachten konnten.

art_samenernte-zimska-samenEine Bestellung von Saatgut von „Zimska Salata Zupanja“ ist neben unseren anderen Salatsorten über den Garten des Lebens Online-Shop möglich.

Für Interessierte an der Samengärtnerei zur Gewinnung von Saatgut für den Eigengebrauch haben wir verschiedene Kurse und Vorträge im Angebot. Weitere Informationen und aktuelle Termine finden Sie in unserem Vortrags- und Seminarprogramm.

.


Vor einigen Tagen (24.07.15) wurde bei Heise Online ein Artikel veröffentlicht, der veranschaulicht wie Samen von Millionen von Nutzpflanzen im Eis konserviert werden, für den Fall eines weltweiten Ernte-GAUs oder dass „… die landwirtschaftliche Vielfalt gefährdet sein sollte“.

Dass die landwirtschaftliche Vielfalt bereits gefährdet ist, kann mittlerweile belegt werden. Es wird davon ausgegangen, dass weltweit bereits 75% unserer Kulturpflanzen verloren gegangen sind. Dies wird auch als Generosion bezeichnet, da die genetische Vielfalt der Nutzpflanzen dadurch immer geringer wird. Als Antwort darauf wird weltweit in Genbanken Saatgut konserviert und Duplikate davon werden in Spitzbergen eingefroren.

art_pgr-saatgut

Saatgut alter, samenfester Sorten

Es handelt sich dabei um sogenannte „PGR – Pflanzengenetische Ressourcen“. Im Einzelnen sind dies die alten, samenfesten Land- und Regionalsorten, die durch langjährigen Nachbau entstanden sind. Ebenso Zuchtsorten, die nicht mehr registriert sind und seltene Kulturpflanzen, die in den verschiedensten Ländern/Kontinenten genutzt werden und auch in anderen, ähnlichen Klimazonen gedeihen könnten. Die Ergebnisse moderner Hybrid-Züchtung sind in den Genbanken nicht zu finden, ganz im Gegenteil: es wird davon ausgegangen, dass die Saatgutindustrie sich durchaus bewusst ist, dass die moderne Züchtung eine Sackgasse darstellen kann und sie notgedrungen auf die gesammelten PGR zurückgreifen muss.

Da stellt sich natürlich die Frage, warum diese alten, samenfesten Arten und Sorten nicht einfach angebaut, gegessen, vermehrt und somit vor dem Aussterben gerettet werden. Denn sogar über die UN-Dekade der Biodiversität und in den damit verbundenen nationalen Strategien ist die Sicherung der alten landwirtschaftlichen Nutzpflanzen festgeschrieben. Dennoch werden derzeit allein von der deutschen Bundesregierung 12 Millionen Euro für die Weizen-Hybridzüchtung zur Verfügung gestellt, während die Bio-Züchtung, die die alten und samenfesten Ressourcen weiter entwickeln will, leer ausgeht. (Quelle: Arche Noah Magazin, Juli 2015, Seite 10).

So dient das eingelagerte Saatgut lediglich „… als … Zugang zu so viel genetischer Vielfalt wie möglich … so dass Wissenschaftler, sofort, wenn etwas passiert ist, mit der Züchtung neuer Pflanzen beginnen können“. Und hier kommt natürlich die nächste Frage auf: Warum anfangen zu züchten, wenn die Katastrophe schon da ist? Unsere alten Nutzpflanzen sind anpassbar an Klima, Boden und andere Umweltbedingungen und genau aus diesem Grund sind die unzähligen regionalen Sorten entstanden. So sollte die beste Vorkehrung für eine mögliche Klimaveränderung der Anbau und die Weiterentwicklung dieser anpassbaren Pflanzenressourcen sein – und zwar jetzt, bevor ein landwirtschaftlicher Klima-GAU einsetzt.

Ob ein Genbank-Projekt wie in Spitzbergen tatsächlich seinen Sinn erfüllt, bleibt außerdem abzuwarten. Zum einen weiß niemand wirklich wie lange Saatgut verschiedener Pflanzenarten im Eis haltbar sind und „… Fachleute sehen durch die Erderwärmung auch Risiken für das Gebäude, das diese Gefahren eigentlich abwenden soll. Schon im Sommer 2008 taute der Permafrostboden am Eingang des Global Seed Vault auf und brachte die Statik ins
Wanken …“
.

Hier gehts zum gesamten Artikel bei Heise Online „Der Reis ist kalt“ >

art_pgr-saatguternte

Saatguternte Schwarzes Winterrübchen

Was bleibt als Alternative? Wer die Möglichkeit hat, kann auf seinem Stück Land die eine oder andere Sorte erhalten. Wenn viele dies tun, bleiben viele alte Sorten erhalten und in lebendiger Weiterentwicklung.

Bei uns beginnt jedenfalls bereits die diesjährige Saatguternte von 2-jährigen Kulturen wie dem Schwarzen Winterrübchen, von Überwinterungssalat und frühen Zuckerschoten.

.